Der Psalm, dem unser Tagesvers entnommen ist, ist nicht nur eine Besinnung, sondern ein tief bewegendes Gespräch des Beters Asaph mit seinem Gott, eine aufwühlende Reflektion, die am Ende zur Anbetung Gottes führt. Im Gegensatz zu den meisten Gebeten, deren inhaltlicher Schwerpunkt eindeutig auf der Bitte liegt, finden wir in diesem Psalm nicht eine einzige Bitte. Asaph geht es in einer offensichtlich sehr notvollen Lebenslage darum, sich Gottes Größe, seine Macht und auch seine Unfassbarkeit bewusst zu machen. Die Rückbesinnung auf die persönlichen Erfahrungen mit diesem unfassbar großen Gott und die Bewusstmachung von Gottes Gegenwart – gerade jetzt in großer Not – lassen Asaph dieses Zeugnis aussprechen: »Du bist der Gott, der Wunder tut.« Damit macht er sozusagen die Unverwechselbarkeit seines persönlichen Gottes deutlich. Eben nur diesen Gott meint und will er. Nur dieser einzig lebendige, immer wieder erlebte Gott soll seine Hand helfend, rettend, heilend nach ihm ausstrecken.
»Du bist der Gott, der Wunder tut!« – Ein Gott, der für uns oft unfassbar handelt. Gottes Barmherzigkeit, seine Liebe und Treue bewegen ihn, sich täglich neu zu uns herabzuneigen. Aber nicht immer können wir sein Handeln verstehen; es entspricht durchaus nicht immer unseren Hoffnungen und Wünschen; oft bleiben Fragen, Irritationen und innere Kämpfe: Warum Gott?, wann Gott?, wie Gott? Doch unser Gott war, ist und bleibt der Gott, der Wunder tut. Diese Aussage im Gebet ist keine These, sondern Bezeugung erfahrener Wirklichkeit des lebendigen Gottes. Im täglich neuen Vertrauen zu diesem Gott, zu seiner Führung und Bewahrung ehren wir ihn – und auch das kann uns zur Bewunderung führen. Jürgen Polanz