Und siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären; und du sollst ihm den Namen Jesus geben. Dieser wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden.
Lukas 1,31-32
Es war eine unruhige Zeit, als der Bildhauer und Schnitzer Veit Stoß von dem vermögenden Patrizier Anton Tucher aus Nürnberg den Auftrag erhielt, die Geschichte der Verkündigung der Geburt Jesu durch den Erzengel Gabriel (als »englischer Gruß«, also »Gruß eines Engels«, bezeichnet) in einem großen Schnitzwerk herzustellen. Als Veit Stoß sich mit dem Thema befasste, ließ es ihn nicht mehr los: Ein Engel spricht mit einem Menschen! Wie kann man das als Künstler in der aufgewühlten religiösen Atmosphäre seiner Zeit in ein Bild umsetzen?
Nachdem das Kunstwerk vollendet war und eine weit über Menschengröße hinausgehende Darstellung der Verkündigung zeigte - Maria und Gabriel waren fast 2,20 m groß -, waren die Stadtväter Nürnbergs, das 1525 die Reformation angenommen hatte, in einem ziemlichen Dilemma: Das wunderbare Kunstwerk sollte zwar in der Lorenzkirche aufgehängt werden, aber eine Anbetung der Maria musste ausgeschlossen sein. So entschied man, dass die großen Gestalten, der Erzengel Gabriel und Maria, verhüllt werden sollten. Eine wahrlich ungewöhnliche Aktion, etwas zu verhüllen, dass eigentlich stolz allen Gottesdienstbesuchern präsentiert werden sollte.
Auf unfreiwillige Weise wurde das nun zum Zeichen, worum es bei dem Geschehen rund um Jesu Geburt eigentlich geht. Alles sollte zurücktreten, ja, gar nicht wahrgenommen werden, angesichts der einzigartigen Person, die im Mittelpunkt der Gedanken Gottes im Blick auf das Heil und Erlösung für verlorene Menschen steht: Jesus Christus, Gottes Sohn. Um ihn allein geht es auch heute, wenn wir von unseren Sünden gerettet und als Kinder des Höchsten für ewig in die himmlische Herrlichkeit Gottes aufgenommen werden wollen.
Eberhard Liebald