Haben Sie schon einmal so eine richtige »Talfahrt« erlebt? Nein, ich meine nicht die auf der Achterbahn auf dem Rummelplatz, ich meine die Talfahrt, wenn es im Leben so richtig bergab geht: in der Ausbildung gescheitert, in die Arbeitslosigkeit geraten, die Ehe kaputt, Schulden gemacht, sozial abgestiegen, durch einen Unfall und gesundheitliche Schäden sämtliche Lebenspläne über den Haufen geworfen usw. Die Stimmung sinkt dabei ziemlich schnell auf den Nullpunkt.
Ähnlich war es Noomi im alten Israel ergangen. Sie und ihre Familie waren ins Ausland gezogen, um die Existenz zu sichern. Aber genau das Gegenteil war eingetreten: Erst war der Mann gestorben, dann ihre beiden Söhne. Nach 10 Jahren standen drei Frauen ohne Zukunftsaussichten alleine da. Auf dem Tiefpunkt ihres Lebens kehrte Noomi mit ihrer Schwiegertochter Rut in ihre Heimatstadt Bethlehem zurück, resigniert, verbittert und hadernd mit Gott. Der heutige Tagesvers ist ein Teil ihrer Antwort, als sie dort begrüßt wurde. Von wegen »Lieblichkeit«; geblieben war nur »Bitterkeit«.
Ist das nicht eigenartig? Wenn alles »aus dem Ruder läuft«, neigen wir dazu, Gott Vorwürfe zu machen: Müsste sich Gott nicht zum Guten unserer annehmen, statt es uns schlecht gehen zu lassen? Aber wie bei Noomi sind es Eigenwille und Selbstbestimmung, die uns auf den Weg nach unten bringen. Doch bitter erlebtes Unglück und Leid kann auch der Anstoß werden, überhaupt einmal nach Gott zu fragen, an den man vorher keinen Gedanken (mehr) verschwendet hat. Wenn wir vor Gott kapitulieren und demütig zu ihm umkehren, dann werden wir – wie auch damals Noomi – erleben, dass er sich gütig und barmherzig unserer annimmt.
Joachim Pletsch