Es ist ein verhältnismäßig kurzer Brief, den der Apostel Paulus an einen Mann namens Philemon schreibt. Der Apostel verlangt viel, sehr viel von diesem Mann, aber er vertraut darauf, dass dieser Philemon seinem Namen Ehre macht. Philemon heißt »der Liebende«.
Der Apostel gibt seinen Brief als eine Art Empfehlungsschreiben einem Mann mit, der Onesimus heißt. Das bedeutet übersetzt »der Nützliche«. Und Paulus erwartet von Philemon, dass der seinen Boten nicht nur freundlich aufnimmt; er soll ihn gar behandeln wie einen lieben Bruder! Nun mag man denken, das sei nichts so sehr Besonderes. Weit gefehlt!
Paulus schreibt über Onesimus an Philemon: »Der dir einst unnütz war, jetzt aber dir und mir nützlich ist, den habe ich zu dir zurückgesandt.« Und nun erfahren wir: Onesimus war einst Sklave des Philemon, sein unumschränktes Eigentum. Und er war seinem Herrn bei Nacht und Nebel entflohen, nicht ohne ihm das zur Flucht nötige Geld zu stehlen. Und jetzt verlangt Paulus von Philemon, er soll ihn wieder aufnehmen - nicht als Sklaven, sondern als Bruder im Glauben. Er soll ihm alles Gewesene vergeben und alles, was Onesimus vielleicht noch schuldig sei, ihm, Paulus, in Rechnung stellen. Wir wissen, dass Paulus sich nicht in der Liebe und im Gehorsam des Philemon getäuscht hat.
Eine wunderbare Geschichte, die viele Fragen aufwirft. Hätte ich mich an der Stelle des Paulus getraut, jemand ein solches Ansinnen zu unterbreiten? Hätte ich mich an der Stelle des Onesimus getraut, zu Philemon zu gehen? Hätte ich an der Stelle des Philemon Nachsicht geübt? Peter Schäfer von Reetnitz