»Wie bitte?« Hatte ich richtig gehört? Einer unserer Enkel erzählte mir beim Abendessen: »Meine Mama mag mich nicht.« Auf meine erstaunte Frage hin wiederholte er diesen Satz. – ›Das kann doch nicht stimmen‹, ging es mir durch den Kopf. ›Wie kommt der Junge auf diese befremdliche, aber doch sehr klare Aussage?‹ So fragte ich zurück: »Wie kommst du denn auf diesen Gedanken?« Da platzte er heraus: »Sie tut nicht, was ich will.« Natürlich, so kann man es auch sehen. Weil die Mutter nicht tut, was das Kind will, zieht es den Schluss: Sie mag mich nicht.
Der Gedanke ließ mich nicht los. Reagieren wir in unserem Leben nicht oft genauso? Gott tut nicht, was ich will. Er erhört meine Gebete nicht so, wie ich es ihm vorschlage. Mit meinem Problem lässt er mich scheinbar allein. Also liebt er mich auch nicht. – Und so wenden wir uns von Gott ab und ziehen uns enttäuscht in unser Schneckenhaus zurück. ›Wenn Gott mich lieb hätte, dann würde er mir doch helfen‹, ist der Gedanke, der uns dann beherrscht und uns auf Distanz hält zu Gott.
Aber hat die Mutter ihr Kind wirklich nicht lieb? Ist nicht vielmehr das Gegenteil der Fall? Weil sie ihr Kind liebt, gibt sie ihm nicht alles, was es will. Sie hat Besseres im Sinn. So wie Gott eben auch Besseres für mich im Sinn hat, »Gedanken des Friedens und nicht des Leides«, wie unser Tagesvers sagt. Ihm ist nicht gleichgültig, was aus meinem Leben wird. Er denkt sich mehr dabei, als ich im Moment empfinde oder vordergründig für mich erhoffe. Er hat das Bessere im Blick. Er will mich nicht einfach »zufriedenstellen«, nur um seine Ruhe zu haben. Wohltun will er, segnen! Auch für heute hat er Gedanken des Friedens für mich.w Walter Ulmer