Haben Sie eine Idee, warum die meisten Menschen die Worte aus Kapitel 2 des Lukasevangeliums als die offizielle Weihnachtsgeschichte ansehen und dem Bericht in den ersten beiden Kapiteln von Matthäus vorziehen? Es könnte daran liegen, dass die Beschreibung von Matthäus nicht in unser Bild von Weihnachten hineinpasst. Denn statt eines erhabenen Kaisers taucht dort sofort der grausame Herodes auf. Der Hinweis auf die Krippe fehlt völlig. Noch nicht einmal der Engels-Chor erscheint bei Matthäus. Dafür muss ein Engel Josef im Traum überzeugen, den Ehevertrag mit Maria nicht stillschweigend rückgängig zu machen. Anstelle von »redlichen Hirten« erscheinen Sterndeuter aus dem Osten. Statt eines Blickes in eine nächtliche Idylle zeigt uns Matthäus die Brutalität des Kindermordes in Bethlehem. Mit zwei unterschiedlichen Schwerpunkten geben uns Lukas und Matthäus zusammen eine zuverlässige Beschreibung des Weihnachtsgeschehens.
Kritisch hinterfragen müssen wir jedoch, welche romantisch angehauchten Bilder uns beim Lesen durch den Kopf gehen. Denn das wahre Weihnachten ist anders, als wir es uns oft ausmalen. Matthäus zeigt uns: Weihnachten ist dort, wo Jesus Christus Mensch wurde. Nicht die beliebtesten Dekorationselemente unserer Zeit wie Stall, Tiere, Engel-Chor und Hirten machen Weihnachten aus, sondern die Gegenwart von Gottes Sohn. Matthäus schildert die Geburt Jesu im Umfeld von Sorgen, Mord und Ungerechtigkeit. Auch heute noch will Jesus Christus in der harten Realität unseres Lebens gegenwärtig sein. Wenn wir ihn als Retter und König akzeptieren und zu ihm gehören wollen, kommt er mitten in unseren Alltag hinein. Ist es in diesem Sinne schon Weihnachten bei Ihnen geworden?
Andreas Droese