Ich erinnere mich an ein Kindheitserlebnis: Infolge ungestümen Ballspielens im Hof ging eine Kellerfensterscheibe zu Bruch. Was für eine Not! Man konnte es drehen und wenden, wie man wollte: Es blieb wohl nichts anderes übrig, als dieses Malheur den Eltern zu »beichten«. Innerlich war ich auf ein großes elterliches »Unwetter« gefasst. Kleinlaut schlich ich mich zu meiner Mutter und berichtete ihr alles. Zu meiner großen Überraschung entlud sich kein »Unwetter«, sondern es gab Worte des Trostes. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet. Es war sozusagen »Gnade vor Recht ergangen«.
Damit sind wir beim Thema: Der Begriff »Gnade« erhält dann erst seinen vollen Sinn, wenn man ihm den Begriff »Recht« gegenüber stellt. Gnade hat immer etwas mit Recht zu tun. Wer gerecht ist, der schafft Recht. Nun ist Gott gerecht, d.h. er müsste uns alle als Sünder aburteilen. Weil er andererseits aber unvorstellbar gnädig ist, »erfand« er einen »Ausweg«, den wir alle kennen: Sein geliebter Sohn musste unsere Strafe, den Tod, an unserer Stelle erleiden. Das erscheint grausam, ist aber in Wirklichkeit Ausdruck großer göttlicher Gnade. Christen sind begnadigt worden und dürfen als Begnadigte einmal in seine Gegenwart kommen. Das wird im Himmel so sein.
Aber auch hier auf der Erde dürfen Leute, die Gottes Gnade erlangt haben, im Gebet direkt in den »Thronsaal Gottes« kommen und dem großen Gott alles sagen, was sie an Bitten, aber auch an Dank und Lob auf dem Herzen haben. Wir sind durch Christus gerecht gemacht und haben nun einen gnädigen Gott. Michael Scheve