An seinem letzten Urlaubstag auf Mallorca wird der 62-jährige Hamburger Horst G. unfreiwilliger Zeuge eines dramatischen Ereignisses, das er später in einem Zeitungsbericht wie folgt zusammenfasst:
»Wir waren in einer wunderschönen Hotel-Anlage zu Gast und hatten uns am Pool fein eingerichtet. Plötzlich gibt es eine merkwürdige Unruhe. Wir schauen auf. Nicht weit von uns trägt ein junger Vater seinen kleinen Jungen auf dem Arm. Er hält ihn unnatürlich steif, sein Gesicht zeigt keine Regung. Seine Frau folgt ihm mit hastigen Schritten. Sie redet auf ihren Mann ein, erst leise, dann für uns alle hörbar: ›Was ist mit ihm? Gib ihn mir! Was hat er? Sag doch was!‹ Der junge Vater bleibt stehen und wir alle hören, was er seiner Frau antwortet: ›Unser Erik ist tot!‹
Wir alle sind wie erstarrt. Wir halten inne und begreifen die entsetzliche Wahrheit: Wir sind Zeugen, wie ein Leben von einer auf die andere Minute ausgelöscht ist. Der Tod geschieht vor unseren Augen. In der Hotelanlage ist es still geworden. Das kleine Brüderchen des toten Kindes, etwa fünf Jahre alt, kommt später zu seinen Spielkameraden an den Kinderpool zurück. Es ruft ihnen zu: Mein Papa sagt: ›Erik ist tot, er ist gestorben und jetzt im Himmel da oben.‹ Und mit seinem kleinen Zeigefinger weist er nach oben.«
Horst G. endet seine Schilderung mit der Frage: »Hätten wir alle so schnell und überzeugt einen Platz für dies kleine Kind, das wahrscheinlich an Herzversagen starb, gefunden? Warum erinnern wir uns erst in solchen und ähnlichen Situationen daran, dass wir sterben müssen, und fragen, wo wir dann verbleiben?« Martin von der Mühlen