John F. Kennedy, der 35. Präsident der Vereinigten Staaten, verblüffte sein Publikum häufig durch die Gegenüberstellung von Gegensätzen, in denen er zunächst bestimmte Gewohnheiten oder Sichtweisen seiner Zuhörer ansprach, diese dann aber nicht bestätigte, sondern sie als Sprungbrett für völlig neue Perspektiven benutzte.
So sagte er z.B. in seiner Amtseinführungsrede: »Meine Mitbürger, fragt nicht, was euer Land für euch tun kann. Fragt, was ihr für euer Land tun könnt!« Bei einer anderen Gelegenheit sagte er: »Verhandeln wir nie aus Furcht, aber fürchten wir uns nie, zu verhandeln!« Auch Kennedys politisches Erfolgsrezept passte in dieses Schema: »Manche Menschen sehen die Dinge, wie sie sind, und sagen: Warum? Ich träume von Dingen, die es nie gab, und sage: Warum nicht?«
In einer der bekanntesten Reden der Bibel, die im Allgemeinen als »Bergpredigt« bezeichnet wird, werden ebenfalls zahlreiche Gegensätze verwendet. In dem obigen Tagesvers ist einer davon zu finden.
Jesus, der diese Rede hielt, spricht hierbei zunächst die bei seinen Zuhörern etablierte und somit vermeintlich »richtige« Sicht der Dinge bezüglich des Umgangs mit »Freund« und »Feind« an. Doch dann fordert er auf, den gewohnten Umgang mit dem »Feind« ins genaue Gegenteil zu verkehren!
Bemerkenswert ist, dass Jesus dieses Ideal nicht nur als wünschenswerte Verhaltensform in den Raum stellte, sondern es auch selbst praktizierte, z.B. als er sogar noch am Kreuz für seine Henker betete. Solche Feindesliebe kann auch heute noch praktiziert werden. Allerdings nur von denen, die sich der göttlichen Vergebung sicher sind. Stefan Nietzke