Es ist am zweiten Tag meiner Aufnahmeprüfung zum Grafikstudium. Zu 30 Bewerbern sitzen wir über unseren Aufgaben. Nur sechs sollen für das neue Semester zugelassen werden. Deutsch, Mathematik, Kunstgeschichte, Konstruktions- und Freihandzeichnen sind bereits geschafft. Nun sollen wir in Literatur mündlich geprüft werden. Jeder wird einzeln vor die Prüfungskommission gerufen. Ich weiß: Das ist eindeutig mein Schwachpunkt. Ich habe bisher wenig Ahnung vor allem von moderner Literatur. Doch ich habe gebetet: »Herr, wenn es dein Wille ist, dass ich Grafikdesign studiere, so hilf du mir in der Prüfung, wenn nicht, so lass mich durchfallen!« Und doch bin ich sehr nervös und unsicher. Was soll ich antworten, wenn die Professoren mich darüber befragen werden?
Da ist es mir, als würde mir jemand zuflüstern: »Wenn du gefragt wirst, was du zuletzt gelesen hast, sag einfach die Wahrheit: die Bibel!« Verdutzt frage ich im Stillen meinen Herrn im Himmel: »Wirklich? Blamiere ich mich da nicht?« – »Probier‘s doch!«, scheint er mir zu antworten. Innerlich stimme ich zu und werde darüber unendlich ruhig. Ja, warum eigentlich nicht?! – Und seine Lösung sah dann so aus: Unter allen 30 Bewerbern war ich der einzige Kandidat, der in diesem Fach nicht geprüft wurde und trotzdem unter den sechs angenommenen Studierenden war!
Was soll ich sagen? Ich begreife es bis heute nicht. Was sich das Komitee dabei gedacht hat, habe ich nie herausgefunden. Aber für mich war es eine eindeutige Bestätigung meines Herrn, dass er wollte, dass ich diesen Beruf ausüben soll. Und ich bin von Herzen dankbar, dass er mich als Grafikdesigner über viele Jahre gebraucht hat, um das Evangelium auf vielfältige Weise unters Volk zu bringen. Eberhard Platte