»Contergankinder« nennt man Menschen mit angeborenen Fehlbildungen, besonders der Arme. Durch Einnahme des Schlafmittels »Contergan« - Handelsname für den Wirkstoff Thalidomid - durch die Mütter während der Schwangerschaft, wurden die Missbildungen bei den Embryos verursacht. Das Verbot dieses Schlafmittels kam für die Contergankinder leider zu spät. Heute vor genau dreißig Jahren endete der »Conterganprozess« ohne Verurteilung. Dabei erinnere ich mich an die ersten Jahre unserer Ehe. Meine Frau wurde schwanger. »Aller Anfang ist schwer«, sagt der Volksmund und was wir auch zu spüren bekamen. Meine liebe Frau quälte sich in der Schwangerschaft sehr und hatte Schlafprobleme. Klar, das der Hausarzt sehr bereitwillig entsprechende Medizin verschrieb. Aber - und Gott sei Dank dafür - nicht dieses »Contergan«.
Später, als unser erstgeborener Sohn zahnte und entsprechenden Lärm dazu veranstaltete, fanden wir nachts alle drei keine Ruhe. Was in unserer bescheidenen Zwei-Zimmer-Wohnung unterm Dach auf engstem Raum unsere Nerven sehr strapazierte. Und was der Hausarzt meiner Frau vorenthalten hatte, verordnete nun der Kinderarzt unserem Söhnchen: Contergan! Flaschenweise. Ich weiß nicht mehr genau wie viele, aber immer wieder. »Aufgewacht« sind wir allerdings erst, als diese Medizin plötzlich in die Schlagzeilen kam. Unser Kind schlief dann »ohne« auch gut.
Noch immer - unser Sohn ist jetzt vierzig - sind wir dem Herrn unendlich dankbar für seine bewahrende Gnade. Ganz besonders, wenn uns eines dieser sogenannten »Contergankinder« im Erwachsenenalter auf der Straße begegnet. Karl-Heinz Gries