Wenn ich meine Enkel am Computer hantieren sehe, beschleichen mich Minderwertigkeitsgefühle. Ich meine doch, wahrhaftig nicht dummer zu sein als sie und meine Sinne noch einigermaßen beieinander zu haben; aber ich muss mir jeden Schritt überlegen, und weiß ich Bescheid, vergesse ich auch alles schnell wieder, wenn ich es nicht immer wieder anwende. Die Kinder aber fingern fröhlich herum, und es dauert nicht lange, bis sie das Gewünschte aus den abgründigen Tiefen der Festplatte ans Licht des Bildschirms gebracht haben.
»Technical readiness« nennt man das wohl. Die haben sie wirklich; aber nun kommt das Problem: Wozu gebrauchen sie diese Fähigkeit? Skrupellose Programmierer haben einen riesigen Haufen der grausigsten Spiele mit den perversesten Szenen zusammengeschrieben und unsere Kinder stürzen sich darauf, begegnen dem Teufel und schrecklichen Geistern, morden und brandschatzen, quälen – und werden gequält von all den finsteren Bildern, die sich ihrer empfänglichen Phantasie einprägen.
Es ist gerade so, als sollten die Kinder auf eine vom Bösen beherrschte Gesellschaft eingeschworen werden, als sollten sie sich an die Finsternis, an die Unbarmherzigkeit des Kampfes jedes gegen jeden, an den Untergang alles Guten und Schönen gewöhnen. – Und Gott, wo kommt der noch vor?
Was muss wohl in den Kinderherzen vorgehen, wenn sie nach einer Woche Computerspielen am Sonntagmorgen von einem gnädigen, menschenfreundlichen Gott des Lichts und der Liebe hören? Können sie das noch glauben? Sind ihre Herzen überhaupt noch aufnahmebereit?
Hermann Grabe