Stellen Sie sich vor, sie seien englischer Staatsbürger. Man hätte Ihnen grobes Unrecht zugefügt, und sie hätten durch Fürsprache Gelegenheit bekommen, Ihr Anliegen der Königin persönlich vorzutragen. Während Sie aufmerksam den Anweisungen des Zeremonienmeisters lauschen, bringt dieser Sie in den Thronsaal. Die Königin nickt huldvoll, und Sie dürfen sprechen. Doch plötzlich erschallt von der Straße her der Klang einer Schützenkapelle und Sie eilen ans Fenster, um interessiert das Spektakel zu beobachten.
Ob Sie wohl Gelegenheit bekommen, Ihr Anliegen bis zum Ende vortragen zu dürfen? Man wird Sie wohl diskret, aber unerbittlich durch einen Seitenausgang entfernen.
Beten heißt, unsere Bitten, auch unseren Dank, vor der aller höchsten Majestät auszusprechen; aber wie oft muss ich bekennen, durch alle möglichen »Schützenkapellen« abgelenkt worden zu sein. Wie groß ist doch Gottes Güte, dass er mir erlaubt, trotzdem immer wieder vor ihm erscheinen zu dürfen!
Der Teufel fürchtet Menschen, die in gelebter Verbindung mit ihrem himmlischen Vater stehen; denn von ihm bekommen sie Durchblick, so dass sie die Betrügereien des Teufels durchschauen, und sie erhalten dort die Kraft, diesem Widerstand zu leisten. Wenn sich Christen vom Beten abhalten lassen, ist es, als wäre bei einem Elektrogerät der Stecker herausgezogen. Die Lampe leuchtet nicht mehr, und der Motor steht still. Aktionismus ohne Gebet führt niemals zu bleibenden Ergebnissen in Gottes Reich, auch wenn es anfangs so scheinen mag. Gott will gebeten sein!
Hermann Grabe