Zwölf Jahre nach ihrem Schulabschluss stand meine ehemalige Schülerin plötzlich vor meiner Haustür und klingelte. Sie hatte einen Strauß Blumen und ein kleines Geschenk mitgebracht. »Kennen Sie mich noch?«, fragte sie freundlich. »Ja, natürlich«, antwortete ich nach kurzem Überlegen und bat sie hereinzukommen. Sie hatte damals als Jugendliche ein recht nerviges Verhalten an den Tag gelegt und fühlte sich mir gegenüber noch immer schuldig. Inzwischen hat sie selbst ein kleines Kind und wird in der Erziehung herausgefordert. Jahrelang schleppte sie die Altlasten mit sich herum, aber ihr Gewissen kam nicht zur Ruhe. Endlich fasste sie den Entschluss, zu ihrem damaligen Lehrer zu fahren und sich bei ihm zu entschuldigen. Natürlich habe ich ihr von Herzen vergeben, und wir hatten noch ein sehr befreiendes und vertrauensvolles Gespräch. Glücklich und mit tiefem Frieden im Herzen hat sie sich verabschiedet und ist nach Hause gefahren.
Bei dieser Gelegenheit wurde mir noch einmal bewusst, wie wichtig es ist, einander die Sünden zu bekennen. Man kommt einfach nicht zur Ruhe, wenn man ungeordnete Schuld mit sich herumträgt. Auch die Zeit heilt nicht alle Wunden. Was wir brauchen, ist das Bekenntnis und das Gebet. Zunächst ist es wichtig, Gott seine Sünde zu bekennen. So heißt es im ersten Brief des Johannes: »Wenn wir unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit« (1. Johannes 1,9). Dann gilt es, die Sache mit der betroffenen Person in Ordnung zu bringen, wenn man sich einem Menschen gegenüber schuldig gemacht hat. So kann man füreinander beten, und die seelische Belastung wird wirklich für immer weggenommen.
Uwe Harald Böhm