Ja, wie ist das nun? Sie sind von einem Bekannten permanent bestohlen worden und jetzt sind Sie dahinter gekommen. Als Christ sind Sie aufgefordert, zu vergeben und zu vergessen. Müssen Sie wieder Ihren Tresor offen lassen, und dürfen Sie das Geld nicht nachzählen, wenn sich der Betroffene entschuldigt hat? Ja, und wenn Sie das schweißnass fertig kriegen, haben Sie dann auch noch zu »vergessen«? Das geht doch gar nicht. Ihr Gedächtnis wird bis ans Lebensende an diese Angelegenheit erinnert werden. Wie ist das zu verstehen?
Zunächst einmal hilft »entschuldigen" gar nichts. Das Gegenteil ist nötig. Man muss die Schuld anerkennen, sie auf sich nehmen, und wenn man nicht bereit ist, alles zu akzeptieren, was der Geschädigte fordert, dann ist von solch einem Bekenntnis nicht viel zu halten. Der Täter möchte dann nur möglichst ungeschoren aus der Klemme kommen. Das gilt bei Gott und Menschen gleichermaßen: »Buße tun« heißt, zu seiner Schuld stehen. Solchen Leuten vergibt Gott ohne Wenn und Aber um seines Sohnes willen. Das bedeutet nicht, dass er nicht etwa Wiedergutmachung des Schadens verlangt, sofern das irgend möglich ist. Aber eines ist ganz sicher: Eine wirkliche anerkannte Schuld holt Gott nie wieder hervor, auch im Wiederholungsfall nicht. Sie ist »vergeben und vergessen«. Das ist das Glück der Gläubigen. Sie dürfen immer wieder neu anfangen. Haben wir nun das Empfinden, jemand habe sein Verhalten wirklich bereut, sind wir natürlich aufgerufen, nun auch von dieser Sache nie mehr zu sprechen, selbst wenn der Betreffende uns noch einmal beklauen sollte. Wohin kämen wir selbst, wenn wir uns auf Gottes »Vergessen« nicht verlassen könnten? Siegfried Lambeck