»Was ist Wahrheit?«, fragte der römische Statthalter Pilatus ironisch den Sohn Gottes. Die skeptische Frage war berechtigt, denn wie viele Lügen werden in unserer Welt als »Wahrheit« ausgegeben! Da sind die »kleinen« Notlügen, die Höflichkeitslügen und Schmeicheleien, die Prahlereien und die Halbwahrheiten, die oft schlimmer sind als faustdicke Lügen. Unsere Wirtschaftswerbung, Politik und Unterhaltung in der Medienwelt sind ein ununterbrochener Verstoß gegen das neunte Gebot. Oft werden Mitmenschen durch Lügen schwer geschädigt, worauf unser Gebot besonders zielt: durch »falsches Zeugnis«, Meineide vor Gericht, durch Rufmord, durch Verleumdung nach dem Motto: »Es bleibt immer etwas hängen.«
Es ist traurig, in einer so verlogenen Welt leben zu müssen, dass man sich auch selbst die Frage stellen muss, ob man im Gedränge des Alltags immer bei der Wahrheit bleibt. Wer den Nächsten belügt, achtet nicht seine Menschenwürde, die ihm als Geschöpf Gottes zusteht. Und damit werden wir auch Gott gegenüber schuldig, für den Gerechtigkeit und Wahrheit unabdingbar sind. Doch Gott hat uns durch Jesus Christus einen Weg gewiesen, dem Teufelskreis der Unehrlichkeit zu entrinnen, denn der Sohn Gottes, der sich selbst »die Wahrheit« nennen konnte (Johannes 14,6), will uns zu einem wahrhaftigen Menschen machen, dessen Schuld vor Gott er selbst am Kreuz für uns gesühnt hat, so dass wir mindestens für unser persönliches Leben mit dem Evangelisten Johannes sagen können (1,17): »Die Wahrheit ist uns durch Jesus Christus geworden.« Stets bei der Wahrheit zu bleiben, macht uns zu freien Menschen, gerade auch in einer Welt der Lüge. Gerhard Jordy