Als vor einigen Jahrzehnten ein Schweizer Missionar das Neue Testament in die Sprache eines afrikanischen Stammes übersetzt hatte, veranstaltete der Staatspräsident einen Feiertag für das ganze Land. Damit machte er allen Bürgern deutlich, wie großartig es ist, wenn ein Volk eine schriftlich fixierte Sprache hat. Was besonders wichtig war: Die Gesetze, die jeder Staat braucht, um zu funktionieren, konnten jetzt aufgeschrieben werden. Dadurch war es nicht mehr so leicht möglich, sie zu verdrehen.
Die Einsicht, wie wichtig Lesen und Schreiben ist, prägte auch die Beamtenschaft des preußischen Staats. Preußen war arm, »des lieben Herrgotts Streusandbüchse«, wie es damals hieß. Wenn es mit Preußen aufwärtsgehen sollte, dann nur durch Klugheit und Fleiß. Und die Schranke des Analphabetismus musste beiseitegeräumt werden. Als der damalige König sich also entschloss, heute vor 300 Jahren die allgemeine Schulpflicht in Preußen einzuführen, war das für ihn zwar teuer, aber eine Entscheidung, die den Staat zu einem der führenden Staaten Europas machen sollte.
Wie wir aus der Bibel wissen, konnten die Israeliten schon vor 3500 Jahren lesen; damals hatte Gott ihnen die Zehn Gebote auf Steintafeln geschrieben. Und in unserem Tagesvers sollte der Prophet Habakuk etwas so Wichtiges in Steintafeln meißeln, dass es im Neuen Testament noch dreimal wiederholt wird: Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben! Durch diesen Satz kam Martin Luther zu der Erkenntnis, dass nur der Glaube an Jesus Christus uns gerecht machen kann. Gott wusste wohl, dass dies menschlichem Denken völlig zuwiderläuft, denn unser Stolz will ja unbedingt selbst etwas zum ewigen Leben beitragen. Karl-Otto Herhaus