Es scheint wohl, dass Paulus hier etwas Unmögliches verlangt. Wir müssen unser »Gefäß« - damit ist entweder der eigene Körper oder die Gattin gemeint in Ehrbarkeit, nicht in Leidenschaft der Lust besitzen! Natürlich weiß auch Paulus, dass die Sexualität ohne Lust nicht möglich ist. Im Gegenteil, wer »vor Verlangen brennt«, muss die Lust nicht unterdrücken - wenn das schon möglich wäre - sondern heiraten, um die Lust in gottgemäßer Weise zu entfalten (1. Korinther 7,9). Was Paulus aber in 1. Thessalonicher 4 meint, ist nicht die Unterdrückung der Lust, sondern die Tatsache, dass die erste Triebfeder in der Ehe nicht die Lust sein sollte, sondern Heiligkeit Gott gegenüber und Ehrbarkeit dem Partner gegenüber. Natürlich, wenn die Lust sich auf einen Anderen als den Ehepartner richtet, ist man schon ganz daneben. Aber auch wenn innerhalb der Ehe die Lust das vorherrschende Thema ist, drohen große Gefahren. Wenn es nur noch das ist, was Mann und Frau hauptsächlich zusammenbindet, ist die Scheidung nahe. Gerade um ihre Sexualität in der richtigen Weise erleben zu können, brauchen Eheleute mehr, viel mehr als nur die Lust. Sie brauchen geistige und seelische Intimität, Respekt voreinander, Vertrauen und besonders echte geistige Vertraulichkeit. Befriedigende Sexualität muss einen vernünftigen Nährboden haben. Die »Nationen, die Gott nicht kennen«, kennen Lust ohne Liebe. Wenn wir Gott aber kennen, lernen wir es verstehen, dass die Liebe sogar ohne Lust, aber jedenfalls die Lust nur durch die Liebe gedeihen kann. Willem J. Ouweneel