Es war vor Jahren in einem Urlaub in Schweden. Freunde hatten uns eingeladen, einige Tage auf einer dem Land vorgelagerten Schäre zu verbringen. Zu dieser gab es keine öffentliche Schiffsverbindung. So mussten wir privat eines bestellen. Es brachte uns »an das andere Ufer« und wir verlebten dort eine schöne Zeit. Den Alltag mit allen Sorgen und Entscheidungen, mit Post und Zeitung konnten – und mussten – wir am »alten Ufer« lassen. Heute sehne ich mich oft nach einer solchen Fahrt, weg von diesem Ufer, hin zu dem anderen. Es sind so viele Dinge, die ich gerne zurücklassen möchte.
An einem anderen Ufer noch einmal ganz neu anfangen, das wünschen sich viele. Das muss keine Flucht vor einer völlig verfahrenen Lebenssituation sein. Oft liegt diesem Begehren nur der Wunsch zugrunde, Zeit zu finden zum Nachdenken, um dann zu einer Orientierung zu kommen, vielleicht auch der Wunsch, irgendetwas ganz anderes anzufangen.
Von dem Herrn Jesus wird im Neuen Testament einige Male berichtet, dass er mit seinen Jüngern an das andere Ufer des Sees Genezareth fuhr. Er nahm seine Jünger mit in die Stille, die er dort suchte. Dort erklärte er ihnen auch sein Leben und die Notwendigkeit seines Sterbens. Dort, in der Stille mit Jesus, konnten die Jünger Kraft schöpfen, denn ihr Alltag verlangte viel Kraft. Später haben die Jünger bekannt, dass sie alles bekommen haben, was sie nötig hatten. Der Weg an das andere Ufer ist auch heute noch möglich. Sie müssen nur den »Fährmann« rufen. Das geschieht durch das an Gott gerichtete Gebet. Als »Fährmann« hat er seinen Sohn gesandt, der kennt den Weg zu dem anderen Ufer. Gerhard Faß