Der bekannte und beliebte Bischof selbst hielt die Weihnachtspredigt. Ich war enttäuscht, seine Predigt war weder Genuss noch geistliche Nahrung. Auf den verlesenen Bibeltext ging er praktisch mit keinem Wort ein. Vielmehr war es ein Vortrag zur Lebenshilfe; mehr sozialpsychologisch als biblisch, aber ohne wirklichen Nutzen. Und überhaupt: der ganze Gottesdienst war ein in Tradition und Liturgie erstarrtes frommes Gepränge. Als ich hinterher gefragt wurde, wie mir Gottesdienst und Predigt gefallen hätten, sagte ich, dass ich das Evangelium, die frohmachende Botschaft von der Erlösung in Jesus Christus, vermisst hätte. »Das kann man doch heute so deutlich nicht mehr sagen, dann kommen noch weniger Leute in die Kirche«, bekam ich zur Antwort. »Verkehrte Welt«, dachte ich bei mir.
Man kann nur das weitergeben, was man selber hat, und der Bischof kannte den Herrn Jesus nicht. Alles war nur einstudiert. Wem aber das Herz voll ist, dem geht der Mund über, und das von Herz zu Herzen gehende Wort Gottes wirkt Umkehr, Erlösung und Frieden.
Draußen vor der Kirche stand ein Bettler mit seinem Hut. An Bischof und Predigt war er nicht interessiert, sondern ausschließlich an seiner privaten »Kollekte«. Diesem Mann erzählte ich von meiner Befreiung, sowohl vom Alkohol und auch von der Sünde durch den Herrn Jesus und dass der Herr auch ihn liebte. »Wer den Namen des Herrn anruft, der wird gerettet!«, zitierte ich ihm die Bibel. Zu Hause habe ich für Bischof und Bettler gebetet, doch für den Bischof habe ich wenig Hoffnung. Karl-Heinz Gries