Nur wenige Landschaftsbilder seiner Zeit wirkten so ausdrucksstark und gewaltig wie die des englischen Romantikers William Turner (1775 – 1851). Der Maler entwickelte eine eigene Art, seine Bilder auf die Leinwand zu bringen. Er malte, kratzte, wischte, spachtelte … Die Fertigung eines Gemäldes blieb für Außenstehende ein geheimnisvoller Prozess. Turner, der im Allgemeinen eher verschlossen war, erwachte in seinen Werken zu pulsierendem Leben. Erst in den Bildern verspürt der Betrachter etwas von diesem lebendigen Geist.
Turners Malweise erinnert uns etwas an Gottes Schöpfungswerk. Gott hat viel von sich in uns Menschen hineingelegt. In uns, seinem Ebenbild, erlebt Gott quasi das Menschsein am eigenen Leib. Und da ist auch all das Schmerzvolle nicht ausgenommen. In Turners Bild »Dampfer im Schneesturm« kommt diese innere Beteiligung am Motiv deutlich zum Ausdruck. Kaum treffender könnte man einen Schneesturm auf hoher See darstellen. Der Künstler konnte dieses Szenario nur so wiedergeben, weil er sich selbst hineingestellt hatte. Als auf einer Schiffahrt ein Sturm losbrach, ließ Turner sich an den Mast binden, um im Zentrum des Geschehens alle Facetten des mörderischen Naturereignisses mitzuerleben.
Und wie ist es mit unserem Schöpfer? – Ja, er ließ sich in der Gestalt Christi mitten ins Zentrum menschlicher Grausamkeit stellen. Jesus hatte sich ans Kreuz nageln lassen und dort allen Schmerz, alle Brutalität und allen Hass dieser Welt am eigenen Leibe verspürt. Es gibt keine Not für uns, die er nicht selbst empfunden hat. Daher ist der Herr jetzt auch in der Lage, mit uns mit zu leiden und uns in unseren Nöten zu helfen. Andreas Möck