Wir sind mit einem Chor zu einem Missionsgottesdienst in einem ungarischen Zuchthaus. Vor allem ältere Männer sitzen hier ein. Erwartungsvoll schauen sie mich an. Einen von ihnen rufe ich nach vorne, begrüße ihn mit Handschlag und frage ihn, ob er wie ich Vater ist. »Ja«, antwortet er stolz.
»Ich habe drei Söhne«, erzähle ich. »Einen von ihnen habe ich mitgebracht. Timo, komm mal nach vorne.« Nun steht er neben mir und ich lege mein Arm um seine Schultern. Zu dem Vater vor mir sage ich: »Was würdest du zu folgendem Vorschlag sagen: Ich lasse meinen Sohn hier im Gefängnis, und du darfst mit mir raus in die Freiheit …«
Mucksmäuschenstill ist es plötzlich geworden. Man könnte die berühmte Stecknadel fallen hören. Man kann in ihren Augen die Purzelbäume ihrer Gedanken lesen. Dann – nach der angespannten Stille – rufen einige Inhaftierte: »So verrückt ist keiner!« – Die Spannung löst sich, und die Inhaftierten tuscheln heftig miteinander.
»Ja – entschuldigt – so ›verrückt‹ ist Gott!«, erkläre ich ihnen. »Er hat getan, was ich nur vorgeschlagen habe: Er sandte seinen Sohn, damit er an unserer Stelle die Strafe für unsere Schuld übernimmt und wir frei werden können in unseren Herzen. Wenn ihr zu Gottes Angebot Ja sagt, ihm eure Schuld im Gebet bekennt und ihm Danke sagt für sein Opfer, dann vergibt er euch und macht euch innerlich frei.« Eberhard Platte