Wir besuchen die Wohngemeinschaft der ungarischen Gefährdetenhilfe, etwa 20 km nördlich von Budapest gelegen. Ein Mann mittleren Alters kommt auf mich zu und bedeutet mir, dass er mir etwas sagen will. Ich rufe Joschka herzu, den Hausvater, damit er uns dolmetscht. »Ich kenn’ dich«, beginnt Attila.
»Woher kennst du mich?«, frage ich erstaunt zurück.
»Ich habe dich bereits zweimal predigen gehört!«, ist seine Antwort.
»Wo?«
»Im Gefängnis!«
»In welchem?«, will ich wissen.
»In Budapest, in Trakt A!«
Er sieht mein erstauntes Gesicht. Demnach hat er mindestens zwei Jahre im dortigen Hochsicherheitstrakt gesessen, überschlage ich schnell. »Und wie kommst du hierher?«, frage ich zurück.
Seine Augen leuchten und ein Strahlen geht über sein Gesicht: »Ich hab einfach getan, was du damals gesagt hast!«, ist seine Antwort. »Du hast von Jesus erzählt und wie er den Weg in die Freiheit frei gemacht hat durch sein Sterben am Kreuz. Da hab ich auf meiner Zelle ihn gebeten, mir meine Schuld zu vergeben, in mein Leben zu kommen und es zu ordnen. Und nun bin ich hier, damit er das tun kann.«
Da nehme ich ihn in den Arm, und er drückt mich fest. Dann beten wir zusammen, er auf ungarisch, ich auf deutsch: »Közönem szerettetel, Ur Jezus« – »Herzlichsten Dank, Herr Jesus!« Eberhard Platte