Wie bereits im ersten Ausruf am Kreuz richtet sich Jesus zuletzt wieder betend an seinen Vater im Himmel. Ganz bewusst übergibt er seinen Geist in Gottes Hände, bevor er seinen letzten Atemzug tut. Schon einige Zeit vorher hatte er behauptet, dass er sich das Leben nicht nehmen lassen, sondern es selbst hergeben würde: »Darum liebt mich der Vater, weil ich mein Leben lasse, damit ich es wiedernehme. Niemand nimmt es von mir, sondern ich lasse es von mir selbst. Ich habe Vollmacht, es zu lassen, und habe Vollmacht, es wiederzunehmen« (Johannes 10,17-18).
Moment mal - Jesus war doch kein Selbstmordattentäter! Auch opferte er sein Leben nicht im blutigen Kampf um Freiheit und Gerechtigkeit. Er wurde doch von Juden gefangen genommen und von Römern auf grausame Weise hingerichtet. Wie kann er da behaupten, das Leben wäre ihm nicht genommen worden?
Der entscheidende Punkt ist, dass Jesus Gott ist. Kein Mensch kann Gott umbringen, Gott ist ja selbst der Herr des Lebens. Deswegen konnte auch niemand Jesus das Leben nehmen - er musste es selbst hergeben. Bis zum letzten Atemzug hatte er sein Leben in der Hand. Er blieb absolut souverän. Mit der gleichen Kraft, mit der er Kranke heilte und Tote lebendig machte, hätte er seinen Leiden schlagartig ein Ende setzen und vom Kreuz steigen können. Aber das tat er nicht, sondern erduldete alles aus freien Stücken. Sein Tod war völlig freiwillig - und gerade das macht ihn so beeindruckend. Denn was ihn trieb, war seine Liebe zu den Menschen, für die er starb. Mit diesem letzten Ausruf bestätigte er seine Souveränität, sein Leben zu geben - und als er nach drei Tagen von den Toten auferstand, demonstrierte er seine »Vollmacht, es wiederzunehmen«.
William Kaal