Wenn Samen von Süßwasserpflanzen über den Deich ins salzige Vorland getragen werden, haben die daraus keimenden Pflanzen Probleme damit, den nötigen Zelldruck aufrechtzuerhalten; denn das Salz zieht das Wasser aus den Zellen. So wirken die Pflanzen welk und krank. Um aber wenigstens den Blütenstängel aufrecht halten zu können, verstärken sie den Holzanteil in ihren Geweben, was man im Mikroskop deutlich sehen kann, wenn man solche Pflanzen mit »normalen« vergleicht. Sie halten sich also nicht durch den Zelldruck, sondern durch Holzeinlagerungen aufrecht.
Das ist ein Gleichnis auf viele Christen. Im Anfang ihres Christseins freuten sie sich darüber, wollten von Gott und seinem Wort viel wissen und brannten darauf, anderen von Gottes Liebe zu erzählen. Dann wurde alles Routine und jetzt haben sie viele weltliche Interessen. Weil sie sich nicht dort aufhalten, wohin sie gehören, nämlich in die Nähe Gottes, entzieht ihnen ihre Umgebung allen Saft und alle Kraft ihres geistlichen Lebens. Gott, Bibel, Gemeinde – alles ist ihnen langweilig. Um doch noch als Christen zu erscheinen, vielleicht sogar im kirchlichen Management mitzuarbeiten, müssen sie Stützen entwickeln, an denen sie sich festhalten können. Das sind dann meistens verstandesmäßige Lehrsätze oder bestimmte, ihrem Naturell entgegenkommende moralische Ansprüche, die sie an sich persönlich und natürlich an andere stellen. Den Pflanzen bleibt nichts anderes, als draußen vor dem Deich zu blühen; Christen können umkehren und wieder von dem guten Lebenswasser trinken, das sie mit der Kraft erfüllt, die Jesus Christus verheißen hat.
Hermann Grabe