Nein, das war bisher kein guter Tag. Schon nachts war ich viel zu früh aufgewacht und konnte nicht wieder einschlafen. Gleich nach dem Frühstück gab es Ärger mit dem Computer, dann eine schlechte Nachricht per Telefon – von Freude keine Spur mehr. Mit der Post kam ein Bücherprospekt, den ich kurz durchblätterte. Mein Blick blieb an einer Buchbeschreibung hängen. »Nicht wir stehen im Mittelpunkt der Geschichte, sondern Gott«, stand da. Ich ließ das Blatt sinken und atmete tief durch. »Danke, Vater«, betete ich. Mein Unmut war verflogen. Ich hatte mich selbst viel zu wichtig genommen. Wie klein waren doch meine Probleme, aber ich hatte mir von ihnen die Laune verderben lassen.
Nein, nicht wir treiben die Erdachse an, nicht wir halten die Welt in Bewegung. Gott ist nicht nur der Schöpfer der Sonnen und der Atome, er lässt auch den Wind wehen und die Blumen blühen, er schafft die schönen Sommertage, aber auch die Katastrophen. Doch er handelt nicht willkürlich, sondern nach seiner für uns hier noch unbegreiflichen Weisheit und Allmacht. Und vor allem: Wir Menschen sind ihm nicht gleichgültig.
Das habe ich heute Morgen wieder gespürt. Erst hat mir Gott mein Unvermögen vor Augen geführt, und gleich darauf las ich, dass er der Mittelpunkt der Weltgeschichte ist. Ich hätte auf diesen Zuspruch sicher nicht geachtet, wäre bisher alles glatt verlaufen. Gott hatte mich also die ganze Zeit gemeint, hat auf mich Acht gehabt und wollte mich auf ihn und seine Freundlichkeit lenken. Wie groß ist doch der Gott, mit dem wir es zu tun haben! Otto Willenbrecht