»Was hast du bloß? Es war doch sehr einfach, mit dem Boot das Ziel zu erreichen!«
»Ja, du hast Glück gehabt, dass der Wasserstand so hoch war. Normalerweise hättest du schnell gemerkt, wie nötig du jemanden brauchst, der die Stromverhältnisse und die sichere Fahrrinne kennt.«
Wenn alles glatt verläuft in Beruf, Familie und Gesundheit, meinen wir oft, tüchtige Kapitäne zu sein, die »das Schiff schon schaukeln«. In Wirklichkeit aber war dies Glück, dieser hohe Wasserstand, nur Gottes Freundlichkeit. »Nichts ist schlechter zu ertragen als eine Reihe von guten Tagen«, hat schon der alte Goethe gesagt. Und wir haben mit den Elend des Zweiten Weltkriegs und der Hungerzeit danach mehr »gute Tage« gehabt als alle Generationen vor uns. Da ist es kein Wunder, wenn wir meinen, das müsste immer so bleiben. Vor allem aber kommt der Gedanke auf, wir seien »unseres Glückes Schmied«.
Damit wir uns hierbei nicht täuschen, senkt Gott – um im Bild zu bleiben – zuweilen den Wasserspiegel, und wir stellen erschreckt fest, mitten in einem Gewirr scharfer Klippen zu stecken und sehen uns, wenn wir klug sind, nach fachkundiger Hilfe um.
Die Widrigkeiten des Lebens kommen nicht als blinde Schicksalsschläge über uns, auch nicht, weil Gott uns hasst, sondern weil er uns zur Einsicht bringen will, dass wir als seine Geschöpfe ganz von ihm abhängig sind. Wenn wir zu ihm umkehren, wird er uns nach der gleichen Güte segnen, mit der er uns zuvor zur Buße, d.h. zur Umkehr, geleitet hat.
Hermann Grabe