Die arme Fliege. Eben noch genoss sie die Sonne und plötzlich befindet sie sich, sie weiß nicht wie, im Verdauungstrakt einer Echse. – Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine Zunge, so lang wie Sie selbst sind, die Sie blitzschnell ausfahren könnten, um mal eben von der Torte dort auf dem Nebentisch eine Kirsche zu holen. Das Chamäleon kann so was. Unglaublich schnell und zielsicher schießt seine Zunge aus dem Maul und erfasst die Beute mit ihrem klebrigen und zugleich saugenden Ende, und ebenso blitzschnell wird die Lassozunge, die so lang ist wie das ganze Tier, zurückgerissen. Keine Chance für das Opfer.
Wir können das zum Glück nicht, aber unser Sprech- und Geschmacksorgan ist nicht weniger treffsicher und gefährlich, wie unser Tagesvers andeutet. – Da fällt mir ein etwas derber Reim von Heinrich Heine ein: »Gott gab uns nur einen Mund, / weil zwei Mäuler ungesund. / Mit dem einen Maule schon / schwätzt zu viel der Erdensohn. / Wenn er doppelmäulig wär, / fräß und lög er auch noch mehr. / Hat er jetzt das Maul voll Brei, / muss er schweigen unterdessen; / hätt er aber Mäuler zwei, / löge er sogar beim Fressen.« – Und nicht nur das …, möchte ich anfügen.
»Die Zunge kann keiner der Menschen bändigen; sie ist ein unstetes Übel … Mit ihr preisen wir den HERRN« (so wir’s denn tun), »und mit ihr fluchen wir den Menschen …« (Jakobus 3,8-9). Ist sie denn ein hoffnungsloser Fall? Nicht ganz. Wenn wir an Jesus Christus glauben, wird manches positiv verändert, auch unsere Redeweise und Wortwahl. Die Zunge wird »entschärft« und wir werden befähigt, unser Sprechorgan zum Segen für andere und zur Ehre Gottes zu gebrauchen. Johann Fay