Ich weiß nicht mehr, in welchem ungarischen Gefängnis es war. Ein sehr junger Häftling saß in der ersten Reihe und war von den frischen Liedern unseres Chores sichtbar begeistert. Froh klatschte er den Takt der Lieder mit. Da bekam er von seinem Hintermann, einem wahren Koloss, einen heftigen Hieb auf die Schulter, so dass er sich ganz verschüchtert auf seinem Stuhl zusammenkauerte und während der ganzen Veranstaltung nicht mehr aufzublicken wagte.
Der Gefängnisalltag ist heftig. Die »innere Hackordnung« ist ein ungeschriebenes, aber hartes Gesetz. Wenn man dazu bedenkt, dass mancherorts bis zu 40 Inhaftierte in einer Zelle untergebracht sind, kann man sich den täglichen Kampf vorstellen!
Eine unserer Sängerinnen hatte den Zwischenfall bemerkt: Sie betete im darauf folgenden Jahr Tag für Tag für diesen unbekannten Jungen.
Im nächsten Jahr waren wir wieder in Ungarn. In einer anderen Haftanstalt entdeckte unsere Chorsängerin »ihren« Jungen unter den Inhaftierten wieder. Nach der Predigt schnellte seine Hand nach oben, diesmal ohne Zwischenfall, und er bekannte damit, dass er Jesus in seinem Herzen annehmen wollte! Er wird nun von einem Christen, der regelmäßig in dieses Gefängnis geht, betreut. Eberhard Platte