Haben Sie schon mal Leute erlebt, die mit fröhlichem Gesicht verzichten oder gar Leid ertragen können? Da möchte der Papa gern eine Fjordfahrt mitmachen; aber seine Familie will unbedingt nach Kroatien. Da möchte eine Mutter gern einmal ausruhen; aber sie hat ein schwer krankes Kind zu Hause oder eine bettlägerige Oma zu versorgen. Da möchte ein Mann gerne mal wieder seine alten Kameraden besuchen; aber seine Frau ist eifersüchtig, und darum bleibt er zu Hause. Und noch ein anderer wird gemobbt, weil er anders ist.
Ja, und alle diese Leute sollen das auch noch mit fröhlichem Gesicht machen? Ich glaube, dass nicht viele Leser etwas Derartiges erlebt haben, einfach weil der Egoismus eine so beherrschende Eigenschaft bei uns Menschen ist und uns sehr effektiv daran hindert. Leuten, die eine Entbehrung mit zusammengebissenen Zähnen ertragen, begegnen wir schon eher.
Aber genau das, was wir in dem Tagesvers lesen, verlangt Gott von uns - in den meisten Fällen nicht immerzu, aber doch dann und wann. Im Tagesvers ist sogar davon die Rede, dass sich diese ersten Christen über Prügel gefreut haben. Sicher nicht, weil sie Masochisten waren, sondern weil sie wussten, dass Gott Wohlgefallen an ihrem Verhalten fand.
Ebendieses Wissen - Gott hat Wohlgefallen an meinem Verhalten - kann uns fröhlich stimmen; aber nur, wenn Gott für uns die alles bestimmende Größe ist, wenn uns sein Wohlgefallen über alles andere geht. Wie man dazu kommt, haben die Leser dieses Kalenders schon beinahe zu häufig gehört. Aber mit etwas Geringerem ist es einfach unmöglich, in jeder Lage fröhliche Gelassenheit an den Tag zu legen. Versuchen Sie es doch einmal, ein Friedensengel zu sein!
Hermann Grabe