In unserer an Leistung ausgerichteten Gesellschaft wird der Mensch zum Wirtschaftsfaktor. Wirkungsvolle Werbemaßnahmen reduzieren den Menschen auf seine hoffentlich immer neuen Bedürfnisse. Sein angeborener Egoismus wird bedient, damit er sich nur noch um sich selbst dreht. Die Sicht für den Nächsten trübt immer mehr ein. In unserer Zeit fühlen sich daher viele Menschen übersehen, unwichtig und unbedeutend. Sie empfinden, dass es keinen interessiert, wer sie sind, was sie machen und wie es ihnen geht. Diese Zeit bringt viele traurige, menschenunwürdige Schicksale hervor. Jahrzehntelang haben wir auf die Hilfe der staatlichen Sozialsysteme vertraut. Aber letztlich können Systeme, die den Menschen zum »Fall« degradieren, nicht wirklich helfen. Das, was Menschen brauchen, ist, dass sie wahrgenommen werden, als Mensch gesehen werden. Das, was Menschen brauchen, ist, dass einer da ist, der nicht wegsieht, wenn die Not kommt.
Die Frau aus dem Tagesvers hieß Hagar, eine entlaufene ägyptische Sklavin, die von ihrer Herrin viele Demütigungen erfahren hatte. In ihrem schwangeren Zustand war sie geflohen und lag völlig entkräftet an einer Wasserstelle in der Wüste. Da begegnete ihr Gott und nahm sich ihrer Not an. Gott sieht uns Menschen und er sieht nicht weg, wenn wir in Not geraten. Die größte Not ist aber nicht körperliche oder seelische Krankheit oder Arbeitslosigkeit oder Einsamkeit, sondern unsere Sündhaftigkeit, die uns von Gott trennt. In dieser Not hat Gott uns gesehen und bietet uns in seinem Sohn Jesus Christus Hilfe an. Wenn wir sein Angebot annehmen, werden wir wie Hagar Hilfe erfahren und von Gott sagen: Du bist ein Gott, der mich sieht! Gottfried Piepersberg