Wenn Sie in ungemütlicher Jahreszeit, vielleicht bei Wind und Schneeregen, sich doch nach draußen trauen, um einen Spaziergang zu machen oder – zwangsweise – mit dem Hund zu laufen, dann werden Sie kaum erwarten, durch Vogelgesang beglückt zu werden.
Und wenn Sie doch einen Vogel singen hören, dann handelt es sich mit Sicherheit um ein Rotkehlchen. Das Rotkehlchen ist der einzige Vogel in unseren mitteleuropäischen Breiten, der wirklich das ganze Jahr über singt. Wenn auch der Gesang mit Beginn der Mauser im Spätsommer stiller und melancholischer klingt, verstummen tut er nie und schon ab dem Februar ist von dem Männchen wieder die »Vollversion« des Frühlingsliedes zu hören.
Ich höre das Rotkehlchen sehr gerne, die herabperlenden Tonreihen seines Gesanges haben irgendwie einen feierlichen Charakter. Der Vogel ist nicht zu überhören, aber auch nicht zu übersehen, da er seinen Gesang, der immer der Reviermarkierung dient, stets von exponierter, gut sichtbarer Stelle aus vorträgt. Wenn Sie sich vorsichtig bewegen, haben Sie den entzückenden Vogel schnell entdeckt, der Sie mit tiefen, dunklen Augen ansieht – wie zum Trösten geschaffen.
Sie möchten sich ein Rotkehlchen genauer ansehen? Gehen Sie – alleine – in den Garten und fangen Sie an, umzugraben, schon nach kurzer Zeit wird sich ein Rotkehlchen einfinden und von einem nahen Zaun oder Ast aus Ihr Werk beobachten, in der Hoffnung auf Leckerbissen, die durch Ihre Arbeit zutage gefördert wurden.
Und dann danken Sie dem Gott, der speziell so ein Tier schuf, um Sie und mich an die Aussage von Apostelgeschichte 16,25 zu erinnern. Erwin Kramer