Warum haben wir den Eindruck, dass die Wohnung unseres Nachbarn schicker sei als unsere eigene? Ich denke, das kommt daher, weil in unserer Seele neben vielen anderen schlechten Eigenschaften auch die Begehrlichkeit schlummert, die schon durch minimale äußere Reize erweckt werden kann, um dann unser Denken zu beherrschen.
Mancher mag meinen, dass es doch niemandem wehtut, wenn ich auch liebend gern ein so schönes Auto hätte wie mein Nachbar. Sieht man aber genauer hin, so muss man zugeben, dass solch begehrliches Denken die Haltung diesem Nachbarn gegenüber in vielfältiger Hinsicht beeinflussen wird. Man beobachtet ihn jetzt kritischer, ist weniger hilfsbereit und freut sich heimlich oder sogar ganz offen, wenn er Kummer mit seiner Neuerwerbung hat. Die Wirkung einer solchen Gesinnungsänderung wird noch sehr viel deutlicher, wenn sich das Begehren auf die Frau des Nächsten richtet. Da ist schon ganz schnell großer Schaden angerichtet, weil es der eigenen Frau nicht verborgen bleibt, wenn sich das Herz ihres Mannes immer mehr von ihr abwendet. Wenn man solchem Begehren nicht ganz schnell und sehr energisch einen Riegel vorschiebt, kann es der Anlass zu ganz entsetzlichen Tragödien werden, unter denen sehr oft mehrere Familien zu leiden haben.
Viele Menschen wollen sich leider durch ein solches Gebot nicht warnen lassen, und die es wollen, werden schnell erkennen, dass ihr guter Wille viel schwächer als ihr Begehren ist. Sie brauchen aber nicht zu verzweifeln, denn Gott will uns nicht durch Gebote, sondern aus Gnade um Christi willen retten. Wenn wir Gott bitten, er wolle uns helfen, dankbar und zufrieden zu sein und uns über alle guten Gaben zu freuen, die wir schon haben, dann will er es tun.
Hermann Grabe