»Am Freitag geh’ ich in die Moschee, am Sonnabend in die Synagoge und am Sonntag – wenn ich noch Lust habe – in die Kirche. Warum eigentlich nicht? Glauben wir nicht alle an einen Gott, nur mit unterschiedlichen Ausprägungen?« Das meinen heute manche, die sich über das buntscheckige Miteinander der vielen Weltanschauungen in unserem Land ihre Gedanken machen.
Wie viele Religionen gibt es doch! Und alle haben ihre Götter. Andere glauben nur an das, was sie sehen und messen können. – Ob es überhaupt einen Gott gibt? Wenn man so denkt, hält man sich nicht für oberflächlich, sondern für tolerant und meint, dem allgemeinen Frieden zu dienen. Leute mit festen Überzeugungen kann man da nicht gebrauchen, die stören bloß. Aber das Leben ist kein Hallenbad, in dem alles fröhlich durcheinander schwimmt, sondern ein reißender Strom, der am Ende alles fortschwemmt, was nicht das rettende Ufer erreicht. Ein Blick in die Geschichte sollte das genügend deutlich machen.
Wirklich zum Frieden in unserer Gesellschaft können wir nur beitragen, wenn wir selbst festen Grund unter den Füßen haben. Wer Gottes Vergebung wirklich erfahren hat, kann anderen vergebungsbereit und selbstlos begegnen. Wer Gott zum Freund hat, kann auch zu anderen freundlich sein. Ein solcher Mensch lebt in einem Licht, dessen Glanz vielleicht auch anderen aufgehen mag. Alle anderen haben genug mit sich selbst, mit ihren dauernd wechselnden Standpunkten und ihrer Selbstverwirklichung zu tun. Sie drehen sich selbst im Strudel, wie könnten sie jemand einen Ort der Sicherheit zeigen!
Hermann Grabe