»Rebecca, wenn dein Teller leer gegessen ist, bekommst du zur Nachspeise ein Eis!« Die Augen meiner Tochter leuchten auf, als meine Frau ihr dieses verlockende Angebot macht. Emsig schiebt sie sich ein großes Stück Kartoffel in den Mund. Doch schon bald lässt ihr Eifer wieder nach. Das ersehnte Eis scheint in unerreichbare Ferne zu rücken. Meine Frau erbarmt sich ihrer. Als die Kleine einen Moment lang nicht aufpasst, lässt sie unbemerkt etwas von Rebeccas Portion verschwinden, um es selbst zu essen. Bald ist der Teller leer. Den Mund voller Kartoffeln erinnert uns Rebecca an die versprochene Belohnung: »Eis?!« Ihre Mutter kann Gnade üben, aber auch der Gerechtigkeit ist Genüge getan: Alles, was auf Rebeccas Teller war, ist aufgegessen.
Nicht immer fällt es uns so leicht, Gerechtigkeit und Gnade miteinander zu vereinen. So appellieren wir z.B. an Gottes Gerechtigkeit, wenn wir an das Unrecht in dieser Welt denken; wir rechnen jedoch mit seiner Gnade, wenn es um unsere eigenen Sünden geht. Jesus Christus vereint beide Prinzipien in sich. Er möchte Menschen nicht auf der Basis ihres Verdienstes, sondern auf der Grundlage der Gnade begegnen. Er will diejenigen retten, für die Gottes Herrlichkeit in unerreichbare Ferne gerückt ist. Und doch ist Jesus Christus auch »die Wahrheit«. Er kann Gnade nicht auf Kosten der Wahrheit gewähren. Aus Liebe zu uns nimmt er deshalb die Strafe für unsere Sünden auf sich. Er stirbt den Tod, den wir verdient hätten. Obwohl er Gnade übt, ist auch der Gerechtigkeit Genüge getan: »Die Gnade und die Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden« (Johannes 1,17). Peter Güthler