Diesen freundlichen Ruf hört man häufig, wenn sich in einem Autobahnrasthof ein weiterer Gast mit Pommes, Bratwurst und Cola an unseren Tisch setzt. Das Wort hat wenig Bedeutung; aber jeder weiß, irgendetwas muss man einfach sagen, wenn man sich mit seinem Essen zu anderen gesellt, die auch ihre Mahlzeit einnehmen, und da hat sich diese wenig geistreiche Bemerkung eingebürgert. Ursprünglich hieß der Spruch ja wohl: »Gott gebe uns allen eine gesegnete Mahlzeit!« In den Hungerjahren nach dem Zweiten Weltkrieg sagte einmal jemand dazu: Erst haben wir »Gott« weggelassen und »Gesegnete Mahlzeit!« gesagt. Dann murmelten wir nur noch »Mahlzeit!«, und jetzt ist es so weit, dass Gott uns die Mahlzeit auch noch weggenommen hat.
Sind wir sicher, dass wir heute ungestraft Gott und seinen Segen vergessen dürfen? Haben wir jetzt unsere Zukunft in der Hand? Wissen wir genau, dass wir bei Bedarf einfach in Amerika einkaufen können, wenn es hier eine Missernte gibt? Haben wir wirklich allen Hunger endgültig überwunden, unter dem unsere Vorfahren immer wieder zu leiden hatten? Die Antworten auf diese Fragen sind klar. Darum sollten wir anfangen, dankbar dafür zu werden, dass Gott uns alles so reichlich gibt. »Unser tägliches Brot gib uns heute!« heißt es im Vaterunser. Das erinnert uns an unsere Abhängigkeit von der gnädigen Hand Gottes, und wenn wir Gott wirklich danken, werden unsere Augen für die Nöte anderer geöffnet, dass auch wir unsere Hand auftun und denen etwas abgeben, die nicht satt werden. Ganz nebenbei ist das Tischgebet auch eine gute Methode, gemeinsam mit dem Essen anzufangen, wie es bei zivilisierten Leuten üblich sein sollte.
Hermann Grabe