Unser Tagesvers sagt durchaus nicht, wir müssten unsere Mütter erst ehren, wenn sie alt sind. Das gilt für junge Mütter genauso. Immer wieder beobachte ich, wie ruhelos das Leben einer Mutter ist, die kleine Kinder hat. Weder am Tag noch in der Nacht kann sie sicher sein, einmal ungestört das tun zu können, was sie vorhat, oder sich für ein paar Stunden hinlegen zu dürfen. Aber auch wenn sie größer werden, ist Mama fast immer die erste Ansprechpartnerin, sei es, das Kind ist hingefallen oder es hat einen Wunsch oder es mag einfach nicht allein einschlafen.
Darum finde ich die Einrichtung eines Muttertages gut. Er müsste nur ein paar Mal im Jahr stattfinden. Am besten wäre es natürlich, wenn den Kindern und dem Vater ebenso jeden Tag bewusst wäre, welche unermüdliche Arbeiterin die Mutter ist und wie viele Arbeiten sie klaglos bewältigt, die niemandem Spaß machen, die aber getan werden müssen. Das anzuerkennen, ist schon ganz schön; aber viel besser wäre es natürlich, wenn man sich ein bisschen schämt, und sich dann vornimmt, richtig und ausdauernd mitzuhelfen.
Gott selbst vergleicht sich mit einer Mutter, wenn er im Jesaja-Buch sagt: »Wie einen, den seine Mutter tröstet, also werde ich euch trösten« (Jesaja 66,13). Es ist ja kein Zufall, dass sich Gott nicht mit einem Vater, einem Freund, einem Arzt oder einem Bruder oder einer Schwester vergleicht, wenn es um das Trostspenden geht, sondern mit einer Mutter.
Darum war der Herr Jesus Christus auch so zornig über die Heuchler, die ihre alten Eltern nicht versorgen wollten, indem sie den Trick anwandten, ihr Hab und Gut formal dem Tempel zu vermachen. Dann gehörte ihnen scheinbar nichts mehr, womit sie den Eltern hätten beistehen können.
Hermann Grabe