Sepp Herberger hat uns eine Fußballerweisheit hinterlassen, deren Wahrheit weit über den Sport hinausreicht. Er sagte nämlich: »Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.« Damit ist doch gesagt, dass man sich nach einem errungenen Erfolg niemals zur Ruhe setzen darf, wenn man »in derselben Liga« weiterspielen will. »Oben« bleiben kann man nur, wenn man sich dauernd weiter bemüht.
Natürlich kann man diesen Spruch auch fatalistisch ansehen und das ganze Leben als ein riesiges Hamsterrad betrachten. Wer da einmal hineingeraten ist, der muss immer weitermachen, bis er irgendwann einmal für immer herausfällt. Sehen wir uns den Tagesvers noch einmal an, so merken wir, dass der Schreiber des Philipperbriefes dem Christentum gegenüber eine ähnlich professionelle Haltung einnahm wie Sepp Herberger dem Fußball gegenüber. Um das große Ziel, das Gott den Menschen vorgegeben hat, zu erreichen, war sich der Apostel Paulus bewusst, dass es in dieser Welt eines ständigen Kampfes bedarf. Sonst fällt man in ein Verhalten zurück, das man kaum von dem unterscheiden kann, das auch solche führen, die am Evangelium nicht interessiert sind.
Das tat der Apostel aber nicht, damit er sich auf diese Weise die »Eintrittskarte« für den Himmel verdiente, sondern ganz im Gegenteil. Er hatte verstanden, welch ein überaus großes Geschenk Gottes diese »Eintrittskarte« ist. Aus Dankbarkeit wollte er nun alles daransetzen, Gott dadurch zu ehren, dass er ihm möglichst keine Schande vor seinen Mitmenschen machte. Stattdessen wollte er gerne noch viele davon überzeugen, dass es sich lohnt, Gott darum zu bitten, ebenfalls »von Jesus Christus ergriffen« zu werden und in den Himmel zu kommen.
Hermann Grabe