Meiner Nichte stand im Alter von rund zehn Jahren eine Operation bevor. Es war nichts Dramatisches. Doch der Eingriff sollte verbunden sein mit einem Krankenhausaufenthalt und einer Vollnarkose. Natürlich hatte sie Angst davor, sodass ich ihr Mut machen wollte. Doch meine Beruhigungsversuche waren eher stümperhaft: »Das wird schon nicht so schlimm. Mach Dir keine Sorgen. Das geht schnell vorüber.« Ich versuchte, ein möglichst harmloses Bild von der OP zu malen. Dass das nicht funktionierte, machte mir meine Nichte mit einer entwaffnenden Frage deutlich: »Gehst du für mich?«
Dadurch wurde mir klar: Man hat leicht reden, wenn man selbst nicht in einer Schwierigkeit steckt. Und reale Probleme werden auch durch viele Worte nicht kleiner. Schließlich hätte ich ihr diesen Gang auch gar nicht abnehmen können. Selbst wenn ich mich an ihrer Stelle hätte operieren lassen wollen, hätte es ihr überhaupt nichts genutzt. Denn dann wäre sie weiterhin operationsbedürftig geblieben.
Anders kann es - Dank sei Gott - mit dem Problem meiner Sünde gehen. Dass Sünde ein reales Problem im Leben aller Menschen ist, macht die Bibel sehr deutlich. Insoweit besteht bei jedem Operationsbedarf. Dieses Problem kann man auch nicht einfach kleinreden. Andererseits kann insoweit auch keiner für den anderen einstehen, da jeder hiervon betroffen ist. Anders war es lediglich bei dem Sohn Gottes, Jesus Christus. Er war nicht von der Sünde infiziert, sodass er mit seinem Leben für die Schuld anderer bezahlen konnte. Doch er konnte nicht nur, er wollte es auch und hat es auch getan. Auf die Frage »Gehst du für mich?« hat er schon längst eine positive Antwort gegeben und sein Leben an meiner Stelle gegeben. Markus Majonica