Schreiend und voller Übermut rennen die Kinder durchs Haus. An einer engen Stelle spielt Noah auf dem Boden und wird von seinem Bruder John im Vorbeilaufen unsanft angerempelt. Im Feuereifer des Fangenspielens mit den anderen Geschwistern merkt dieser es nicht einmal. Sekunden später höre ich Krach und Geschrei. Noah ist seinem Bruder nachgelaufen und hat den, wie er meint, vorsätzlich zugefügten Schmerz handfest zurückgegeben. Der etwas stärkere Bruder John ist schockiert, aus heiterem Himmel solche Bosheit erleiden zu müssen, und antwortet mit seinen schlagkräftigen Fäusten. Als ich bei den Zwillingen ankomme, heulen beide und es tönt wie aus einem Mund: »Der andere hat aber doch angefangen …«
Unter Kindern treten Bosheit und Vergeltung meistens ziemlich schnell und klar zu Tage. Bei uns Erwachsenen geschieht das längst nicht immer so offensichtlich, jedoch nicht weniger intensiv. Der Vorgang verläuft aber ähnlich: Es beginnt mit Kleinigkeiten und steigert sich über verletzende Worte bis hin zu massiven Handgreiflichkeiten und mehr.
Nur echte Liebe und Vergebung kann die Lawine des Hasses ins Leere laufen lassen. Einer aber musste damit anfangen. Jesus Christus hat seinen Worten (siehe Tagesvers) Taten folgen lassen. Er ist dem Hass mit Liebe begegnet und hat dabei sogar in Kauf genommen, sein Leben zu verlieren. Er wurde für unseren Hass und alle weitere Sünde gekreuzigt und hat dies zugelassen, damit Gott uns vergeben kann und wir aus dem Teufelskreis von Bosheit, Hass und Vergeltung herausfinden können. Wer diese Vergebung annimmt, soll und kann dann auch anderen vergeben – unbegrenzt. Volker Koenig