»Ich habe ihn schon längst abgeschrieben.« Dieser Ausdruck ist uns sicher allen bekannt. Es bedeutet heutzutage, dass man mit jemand nicht mehr rechnet und nichts von ihm erwartet. Es kommt aus der Handelssprache, wo diejenigen, die Schulden gemacht hatten, auf eine Tafel geschrieben wurden. Sie standen dann »in der Kreide«. Wenn jemand das Geschuldete bezahlte, wurde er wieder »abgeschrieben«, was so viel wie weggelöscht bedeutete.
Hier in Zentralasien gehört es zur Kultur, Schulden zu machen. Viele Traditionen verlangen bei verschiedenen Gelegenheiten, dass man große Summen an Geld bezahlen muss. Da aber viele keine Arbeit haben, nehmen sie es als Schulden von anderen, ohne zu wissen, wie sie es jemals zurückzahlen können. Immer wieder erstaunt es mich, dass sie noch jemand finden, der ihnen leiht, ohne Aussicht es wiederzubekommen. Doch andererseits ist dieses Verschuldungsprinzip hier nicht wegzudenken. Es gehört zur Kultur ebenso wie der Gang in die Moschee.
Beim Schreiben dieser Zeilen bemächtigt sich meiner eine große Freude: Obwohl ich bei Gott in der Kreide stehe, ist doch meine Schuld abgeschrieben! Wie geht das zu? Einer kam für mich und bezahlte für alle meine Verschuldungen. Alle Strafe, die ich auf mich gehäuft hatte, nahm er auf sich, und dadurch brachte er meine Seele zur Ruhe. Sein Werk für mich reicht aus, damit ich als schuldlos betrachtet werden kann. Sein vergossenes Blut ist der Beweis meiner Vergebung. Das Einzige, was Gott von uns verlangt, ist das aufrichtige Gebet, das unser Tagesspruch zum Inhalt hat, und dass man dann an das Versöhnungswerk Christi glaubt.
Rudolf Kühnlein