Im Jahr 2017 jährte sich die Entdeckung der Höhlen von Qumran zum 70. Mal. Seitdem wurden ca. 15000 Fragmente von fast 1000 Schriftrollen aus der Zeit zwischen ca. 250 v. Chr. und 40 n. Chr. aus insgesamt 11 Höhlen sichergestellt, konserviert und wissenschaftlich untersucht – ein mühsames und zeitintensives Unterfangen. Faszinierend war z. B. die Tatsache, dass darunter zahlreiche Abschriften verschiedener Bücher des Alten Testaments zu finden waren. Damit lagen plötzlich Texte vor, die z. T. rund 1000 Jahre älter waren als bisher vorliegende. Sie erbrachten den überwältigenden Beweis der Zuverlässigkeit der biblischen Überlieferung. Andere Schriften belegen ein recht breit angelegtes jüdisch-religiöses Schrifttum – vor und während der Zeit Jesu und des frühen Christentums. Andere Schriftrollen erweiterten den Blick für eine bisher wenig bekannte jüdisch-religiöse Gemeinschaft (vermutlich der Essener).
In den ersten Jahrzehnten der Qumranforschung waren die Hoffnungen groß, daraus eventuell ein völlig neues Bild des Christentums gewinnen zu können. War vielleicht manches zu revidieren, was man bisher darüber wusste? Welchen Nutzen würden die aufwändigen Forschungen schließlich erbringen?
Was blieb den Forschern anderes übrig, als ein immenses Arbeitspensum auf sich zu nehmen? Dem außerordentlichen Fund musste man ja schließlich gerecht werden. Letztlich war damit aber auch die spannende Frage verbunden, wie zuverlässig und repräsentativ die weit über 3000 Jahre dauernde jüdisch-christliche Überlieferung der Bibel, wie wir sie heute kennen, überhaupt ist. In den kommenden Tagen wollen wir versuchen, auf diese Frage eine Antwort zu geben, und dabei einige Aspekte rund um die Qumranforschung beachten.
Joachim Pletsch