Auf ihren Zügen kam das Volk bis an den Berg Sinai. Dort sollten sie lagern, und Mose musste auf den Berg steigen, weil Gott ihm zweierlei zeigen wollte: Erstens gab er ihm die Zehn Gebote, damit das Volk wusste, was sein Gott von ihm erwartete, und damit die Menschen es miteinander aushalten konnten. Zweitens zeigte ihm Gott, wie er verehrt und angebetet werden wollte, und wie das Volk wieder mit ihm ins Reine kommen konnte, wenn es gesündigt hatte.
Die Zehn Gebote betreffen zunächst das Verhältnis der Menschen zu Gott und dann das Verhältnis der Menschen untereinander. Sie werden im Neuen Testament so zusammengefasst: »Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben aus deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deiner ganzen Kraft und mit deinem ganzen Verstand - und deinen Nächsten wie dich selbst« (Lukas 10,27).
Damit die Israeliten erkannten, dass Mose sich diese Gebote da oben auf dem Berg nicht selbst ausgedacht hatte, kam Gott mit Donnern und Blitzen, mit einer schweren Wolke und gewaltigem, immer lauter werdendem Hörnerklang und mit Rauch und Erdbeben auf den Berg herab. Die Leute baten Mose voller Furcht, er möge allein mit Gott reden; sie hatten Angst zu sterben.
So stieg Mose zu Gott hinauf und erhielt die zwei Gesetzestafeln. Doch als er vierzig Tage dort oben blieb, verlor das Volk schon wieder alle Scheu und baute sich aus dem Gold, das die Ägypter ihnen gegeben hatten, das Bildnis eines Kalbes und sagte: »Das sind die Götter, Israel, die dich aus Ägypten geführt haben.« Hätte Mose nicht so inständig für sie gebeten, hätte Gott sie damals alle vernichtet.
Hermann Grabe