Als freier Beerdigungsredner komme ich in viele Trauerhäuser. Bei diesen Besuchen erfahre ich viel über den Menschen, der verstorben ist, und bekomme Informationen, die seine Persönlichkeit ausmachten. Oft wird dann vieles rosa-rot ausgemalt. Schwachstellen werden, wenn überhaupt, vorsichtig umschrieben. Mit diesen »Erfahrungswerten« saß ich einmal Angehörigen gegenüber, deren Vater verstorben war. Nachdem die Trauerfeier geplant und die nötigen Informationen, was das Leben des Verstorbenen ausgemacht hatte, von mir notiert waren, stand plötzlich eine Aussage im Raum, die mich schockierte: »Bitte sprechen sie uns bei ihrer Predigt und den Worten am offenen Grab keinen Trost zu. Wir sind letztlich froh, dass er tot ist. Er war uns in den letzten Jahren in seiner Art nur noch eine Belastung.«
Auf der Fahrt nach Hause überlegte ich, welchen Predigttext ich bei der bevorstehenden Trauerfeier wählen sollte. Der Vater war wirklich ein Mensch mit Ecken und Kanten gewesen. Und dazu kam, dass sich die Angehörigen in diesem Vergleich mit dem Vater für weit bessere Menschen hielten. Ich predigte dann über zwei Blumen. Die eine völlig verblüht, verwelkt und unansehnlich. Die andere in voller Schönheit, wunderbar anzusehen mit einem atemberaubenden Duft. Aber eines hatten beide Blumen gemeinsam. Sie waren beide tot. Abgeschnitten. Ein Bild des Menschen ohne Gott. Nicht das Äußere zählt, sondern einzig und alleine, ob ich eine lebendige Beziehung zu Jesus Christus habe! Rudolf Gerhardt