Das entgegnet mir ein Vater, als ich mit ihm das Verhalten seines Sohnes in der Schule bespreche. Ich merke sofort: Er hat eine ganz bestimmte Vorstellung. Für ihn ist Güte Weichheit, augenzwinkerndes Durchgehenlassen und eigentlich immer irgendwie Dummheit. Manch einer sagt heute, in der Erziehung unserer Kinder fehle die Strenge und Härte. Ist es nicht vielmehr so, dass Güte und Barmherzigkeit fehlen? Oft gewinne ich den Eindruck - wie auch in diesem Gespräch -, dass Eltern nur selten gut mit ihren Kindern reden und auch selten wirklich gut über ihre Kinder sprechen können. Manche Eltern sehen sich mit ihren Kindern einem enormen Konkurrenz- und Leistungsdruck ausgesetzt: In der Schule, in der Freizeitgestaltung. Da bleibt wenig Raum für gute Worte, für das unverzichtbare Nachdenken über die Kinder und das Sich-hinein-versetzen in ihre Situation. Auch Ersatz-Gütigkeiten materieller Art treten an die Stelle echter persönlicher Zuwendung. Güte hat etwas mit Qualität und Echtheit zu tun und nichts mit dümmlicher Weichlichkeit. Güte lässt den Dingen auch nicht ihren Lauf: Sie geht nach, hakt nach, hat Zeit und langen Atem. Güte verschließt auch nicht die Augen vor dem Bösen; aber alle Maßnahmen haben nur das Ziel, dem Kinde wohlzutun, ihm auf den rechten Weg zu helfen.
Die Bibel sagt uns, dass allein Gott wirklich gut ist, und dass aber seine Güte uns anleiten will zu ihm umzukehren. Wer die Güte Gottes in seinem eigenen Leben erfahren hat, dem gelingt es auch etwas davon weiter zu geben. Als Eltern haben wir dafür in der Erziehung unserer Kinder ein weites Betätigungsfeld - an jedem Tag wieder neu. Günter Dürr