In einem Fischerstädtchen in Japan steht eine weiße Telefonzelle. Errichtet hat sie Itaru Sasaki auf seinem Grundstück – in einem Garten über der Pazifikküste. Obwohl sie auf Privatland steht, wird sie stark frequentiert. Denn seit am 11. März 2011 eine gewaltige Springflut Abertausende Japaner in den Tod riss, ist diese gläserne Klause zu einem Trauerbewältigungsort – zu einer Klagekapelle geworden. Weit über zehntausend Trauernde haben seither diesen Wallfahrtsort für gebrochene Herzen besucht. Das Makabre ist aber: Das Telefon ist gar nicht angeschlossen! Dennoch suchen viele Hinterbliebene von dort aus eine Verbindung mit dem Jenseits – den Kontakt mit ihren Geliebten. Im Volksmund nennt man das Telefonhäuschen »das Windtelefon«.
Sind unsere Gebete tatsächlich nur »in den Wind geredet«? Greifen wir im Gebet ins Leere, oder wie beim Telefon nach dem »Hörer«? Der heutige Tagesvers lehrt uns: Sogar die Selbstgespräche aus der Telefonzelle in Otsuchi dringen an Gottes Ohr. Gott untersagt uns zwar den Kontakt mit Verstorbenen, aber niemals mit sich selbst. Er fordert uns auf »Rufe mich an!« (Psalm 50,15). Als damals Maria Magdalena (auch in einem Garten) das Grab von Jesus aufsuchte, fühlte sie sich in ihrer Trauer »unerhört« allein. Doch plötzlich merkte sie: Jesus ist da! Er hat meine Tränen gesehen! Er hat meine Gebete gehört. Und zum ersten Mal ist eine stabile Verbindung zu Gott aufgebaut, denn Jesus erklärt ihr: »Ich fahre auf zu meinem Vater und zu eurem Vater!« Er hat durch seine Vermittlung diese Verbindung geschaffen.
In dem kleinen Park von Otsuchi steht nur eine leere Telefonzelle, aber im Gebet zu Jesus besteht die direkte Verbindung mit dem Vater im Himmel.
Andreas Fett