Ich bin bei einem Bestatter tätig und werde dort zwangsläufig mit dem Tod konfrontiert. Bei Menschen, die im hohen Alter sterben, ist meine Emotion nicht so groß wie bei Menschen, die jung oder als Kind sterben. An diesen Todesfällen merkt man dann, dass die eigenen Kinder und ihre Generation nicht davon verschont ist, zu sterben. Nun gehört es auch zu meinen Aufgaben Verstorbene anzukleiden und im Sarg aufzubahren. Beim Entkleiden einer Leiche kam mir der Gedanke: »Hast du schon mal darüber nachgedacht, ob es heute morgen das letzte Mal war, dass du dich angezogen hast?« Was wäre dann? Würde ich vorher noch Dinge erledigen müssen? Welche Dinge sind mir die wichtigsten auf meiner Liste? Egal, was dort auf der Liste steht, der Gedanke an den unausweichlichen Tod ist heilsam. Ich muss nur zulassen, darüber nachzudenken, denn er fördert Dinge in mir, die mich positiv beeinflussen. Meine Umwelt erscheint plötzlich in einem neuen Licht, Konflikte sind dann einfacher lösbar. Dinge, die man leicht im Stress beiseite schiebt, wie die Familie und dort speziell die Kinder, werden zu Recht wieder groß.
Ich denke, diese Situation beschreibt der Psalmschreiber in dem Tagesvers. Mein Herz soll weise werden. Ich soll auf die Dinge achten, die tatsächlich wichtig in meinem Leben sind, und nicht auf die Dinge, die durch die Hektik, durch den täglichen Druck unserer Umwelt und die eigenen, unguten Begierden mir so bedeutsam erscheinen.
Weisheit erlangt man, wenn man auf Gott hört, die daraus resultierenden Einsichten für sein Leben ernst nimmt und ihnen Raum zum Wachsen gibt. Der Gedanke an das Sterben kann uns dann wirklich weise machen. Thorsten Wende