»Man darf Gott Wut, Verzweiflung und Enttäuschung entgegenschreien!« Ratschläge dieser Art liest man in letzter Zeit immer häufiger. Gott hätte Verständnis dafür, heißt es, und er würde darauf mit Trost und Hilfe antworten. Es komme nur darauf an, ehrlich zu sein.
Natürlich kann man von Gott enttäuscht sein, wenn man meint, er sei dazu da, unsere Wünsche zu erfüllen, und man kann an ihm verzweifeln, wenn man lange für die Gesundheit eines lieben Menschen gebetet hat, und der stirbt dann trotzdem. Man kann auch die Wut kriegen, wenn man seine Arbeit verliert. Aber welch ein Bild von Gott hat man dann? Hiob hatte auch getobt, nachdem ihn seine »Freunde« auf die Palme gebracht hatten und bis er begriff, wie groß und allmächtig Gott ist. Als ihm das gezeigt wurde, blieb ihm nichts als unser Tagesspruch zu sagen übrig.
Christen, die um die Vergebung ihrer Schuld wissen, sollten sich nicht wie ungezogene, schreiende Kinder aufführen, sondern wie besonnene Erwachsene, denn die wissen, dass ihr himmlischer Vater ihnen jetzt und in Ewigkeit gnädig ist und ihnen nur das zufügt, was sie brauchen, um von ihrer Ich-Verliebtheit und Weltseligkeit loszukommen. Gott will sie stets nur glücklicher machen, als sie vorher waren.
Ja, und wer Gott noch nicht kennt? Auch für ihn hält der gnädige Gott bis heute die Tür offen. Gott will, dass alle Menschen gerettet werden und nicht in der ewigen Gottesferne verloren gehen. Aber auch diese Menschen müssen zunächst ganz klein vor Gott werden und wie Hiob in unserem Tagesspruch sprechen lernen. Dann zeigt ihnen Gott, dass schon alles für ihre Rettung vorbereitet ist, alle Schuld bezahlt ist. Welch Aufatmen gibt das!
Hermann Grabe