Die erste Art fängt meistens sehr vergnüglich an, ja, oft ist sie aufregend schön. Man fühlt sich auf Wolke sieben und meint, vollkommen glücklich zu sein. Doch oft sagt solch ein Verliebter schon nach einiger Zeit: »Ich hätte sie vor Liebe fressen können; und nun hab ich sie gründlich satt – und eigentlich ist meine Nachbarin viel hübscher.«
Die andere Art von Liebe hält Treue, auch wenn es manchmal schwerfällt und man seine Wünsche ganz hintenanstellen muss. Ich denke da an eine Mutter, die ganze Nächte am Bett ihres kranken Kindes sitzt, bis es dem oder der Kleinen wieder besser geht; oder auch an jemanden, der treu zu seinem Partner steht, obwohl er gründlich enttäuscht wurde.
Die erste Art will immer nur haben, immer nur etwas nehmen, und wenn das nicht mehr funktioniert, dann sieht sie sich nach etwas Neuem um. In Wirklichkeit hat man sich nur selbst lieb.
Und die zweite Art ist bereit zu geben, einerlei, wie lange das erforderlich ist und ob das honoriert wird oder nicht. Solche Liebe hat nicht den Eigennutz, sondern das Wohl des Nächsten im Blick.
In unserem Tagesvers ist von der zweiten Art Liebe die Rede. Der Heilige Geist Gottes will den Glaubenden zu einer solchen Liebe verhelfen, und das ist auch nötig; denn wir Menschen sind von Natur aus große Egoisten. »Gott ist Liebe«, heißt es in der Bibel, und er hat das bewiesen, als er seinen Sohn gab, um uns von der Schuld freizukaufen, die wir alle auf uns geladen haben. Er hat uns gezeigt, was er unter Liebe versteht. Es ging und geht ihm immer noch um unser ewiges Glück, obwohl wir ihn oft sehr enttäuscht haben. Wer das verstanden hat, möchte aus Dankbarkeit auch Liebe zum Wohl anderer üben.
Hermann Grabe