Am 15. Januar 2009 stieß kurz nach dem Start in New York ein Flugzeug mit 155 Gästen auf eine Schar fliegender Gänse. Beide Triebwerke wurden dadurch lahmgelegt. Der Kapitän steuerte die antriebslose Maschine zunächst im schnellen Sinkflug über dicht besiedeltes Gebiet hinweg; aber dann gelang es ihm, das Flugzeug auf dem eiskalten Hudsonfluss so aufs Wasser zu setzen, dass alle mit dem Leben davonkamen. Bald waren Fähren und andere Schiffe da, die die auf den Tragflächen stehenden Leute aufnahmen.
Der Pilot, aber auch die ganze Besatzung, wurden als Helden gefeiert. Ein Passagier sagte dankbar, er habe eine zweite Lebenschance erhalten. Das stimmte. Und in so kritischen Augenblicken wird das besonders deutlich. Aber wenn wir unseren Tagesvers ansehen, so lesen wir, dass der Prophet Jeremia Gott lobt, dass »sein Erbarmen jeden Morgen neu ist«. Jeden Morgen erhalten wir also eine neue Chance, unser Leben in rechter Weise zu gestalten und nach Gottes Willen einzurichten, damit es ihm wohlgefällt und unseren Nächsten ebenfalls. Sollten wir diese Chance nicht wahrnehmen?
Wenn wir die täglich neu eröffnete Chance einzig dazu benutzten, unseren Einfluss auszudehnen und für uns gewinnbringend zu gestalten, dann hätten wir sicher das von Gott gesetzte Ziel verfehlt und ständen am Ende vor seinem Richterthron mit leeren und noch dazu schmutzigen Händen. Und unsere Lieben hätten auch von Tag zu Tag vergeblich auf unsere Zuwendung und Liebe gewartet.
Nehmen wir aber unseren Tagesvers ernst, so verändert das die Situation völlig. Jeden Tag wieder würden unsere Lieben und alle, mit denen wir zu tun haben, etwas von Gottes Freundlichkeit abbekommen.
Hermann Grabe